CHAVALADAS
ein Projekt zur Rehabilitation von drogenabhaengigen
Strassenkinder zwischen 6 und 15 Jahre.

Hier erzaehlt Rene Antonio (16 Jahre): "Als ich neun Jahre alt war, ging ich zum Busbahnhof, um zu betteln oder um zu stehlen - was ich gerade sah. Wenn ich jemanden um Essen bat, schimpften sie mich aus, beleidigten mich und sagten mir Dinge, die mir sehr weh taten. Schliesslich handelte ich mir nur Schelte und Misshandlungen ein".

Jaime erzaehlt wie er zum Schnueffeln von Kleber kam: "Einer von ihnen hatte ein Glas voll Kleber und ich bat, dass er mich probieren liesse. Ich setzte das Glass an die Nase und begann zu schnueffeln - und es gefiel mir. Ich tat mich mit ihnen zusammen und hatte keinen Hunger mehr. Ich stahl und, wenn ich Geld hatte, schnueffelte ich Kleber - und wenn ich viel hatte - schnueffelte ich viel und hatte eine gute Zeit". Jaime hat mittlerweile das Projekt verlassen, war mehrmals im Gefaengnis gelandet und ist wieder auf der Strasse und nimmt Drogen und stiehlt.

ENRIQUE liest sein erstes Buch

So wie Domingo, Rene und Jaime werden seit ueber neun Jahre im Projekt, das inzwischen "CHAVALADAS" heisst, bis zu 35 ehemals drogenabhaengige Jungs ( fuer Maedchen gibt es ein anderes Projekt ) betreut. Sie gehen in eine Regelschule oder bekommen Unterricht im Projekt - fuer etwa 15 Kinder besteht die Moeglichkeit im Projekt zu schlafen.

Daneben werden die Kinder medizinisch und psychosozial versorgt und erhalten Essen und Kleidung. Sport wie Baseball und Basketball sowie Kuenstlerische Aktivitaeten wie Malen, Tanzen und Theater ergaenzen das Programm. Es bestehen ausserdem enge Kontakte mit der nationalen Bewegung der Strassenkinder und zu anderen Projekten arbeitender Kinder im Land.

Alle "unsere" Kinder waren Schnueffler, drogenabhaengig und stahlen, um die Drogen zu kaufen. Viele hatten ihre Familien wegen der Misshandlung durch die Eltern verlassen. Viele begannen ihre Laufbahn auf der Strasse als Verkaeufer von Tortillas, Fruechten oder Getraenken. Wenn sie abends nach Hause kamen und nicht genuegend verkauft oder kein Geld hatten, wurden sie von den Eltern geschlagen. Als Folge davon entschlossen sie sich fuer die Strasse und mit ihren Freunden in derselben Situation. Um ihren Frust und Schmerz ueber Misshandlung und die Sehnsucht nach der Zuwendung und Liebe der Eltern zu verdraengen nahmen sie Drogen und begannen so ihre Laufbahn als Strassenkinder.

Dort sind ihre Erfahrungen Alkoholismus, Misshandlung, Vergewaltigung, Ausbeutung, Verlassenheit und Prostitution. Viele von ihnen haben Zeichen der Selbstverstuemmelung oder sexueller Misshandlung - die Mehrzahl war in schlechtem Gesundheitszustand, hatte Parasiten, chronische Hautkrankheiten, Atemwegs - oder Geschlechtskrankheiten.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Viele unserer Kinder haben viel nachzuholen -
vor allem fehlten ihnen liebe und Zuwendung

Domingo Jose, jetzt in der Secundaria und Helfer im Projekt erinnert sich: "Eines Tages luden sie mich ein Drogen zu nehmen - Schusterleim schnueffeln. Das schmeckte mir zuerst nicht - ich musste erst auf den Geschmack kommen Drogen zu nehmen. Und ? Danach schmeckte es mir immer besser! - Aber als es mir dann genuegend gefiel, um abhaengig zu sein, schenkten sie es mir nicht mehr. Es war so gut und toll, dass ich immer mehr stehlen musste, um es zu kaufen. Ein Glass Kleber kostete nur 10 Cordoba (70 Cents)."

"Danach probierte ich Zigaretten, dann Marihuana, Alkohol und ich weiss nicht mehr genau was alles - auch Kokain. Ich stahl alleine und nahm meine Drogen. - Nur immer wenn mich die Polizei schnappte, dann gaben sie mir eine gute Abreibung. Eine Behandlung so gut, dass ich nach dem Treffen mit ihnen breitbeinig, gehen musste, denn ihre Behandlung ist so vorzueglich, dass man danach nicht sehen kann, wo sie hintraten. Aber da ich erst 12 Jahre alt, konnten sie mich wenigstens nicht einsperren - welch ein Vorteil"

Die Kinder muessen lernen alle ihre Sachen selbst zu versorgen.

Im Projekt ist ihre psychische Situation noch lange bestimmt von innerer Unruhe, Instabilitaet, naechtlichen Alptraeumen, Sucht, Schreikraempfen. Erst langsam koennen sie ihre Beziehungslosigkeit ueberwinden und ein neues Selbstwertgefuehl und eine Zukunftsperspektive entwickeln.

Die meisten Kinder haben wieder Beziehungen zu ihren Familien und besuchen diese am Wochenende oder schlafen wieder zu Hause und kommen nur tagsueber zur Betreuung ins Projekt. Seit 1994 konnten etwa 65 Prozent der betreuten Kinder wieder in die Familien eingegliedert werden.